Istanbul in the Mix
Von Thomas Winkler
Wer bei türkischer Musik bislang an Schunkel-Folklore dachte, ist einem Klischee aufgesessen. Die Zukunft des orientalischen Pop klingt modern und selbstbewusst - und hat einen markanten Namen: Tarkan.
Was fehlt einem, der mehr als 15 Millionen Platten abgesetzt hat und ein Parfum herausbringt, das den eigenen Namen trägt? Was vermisst einer, der souverän zwischen Ost und West wandelt, in Istanbul und New York zu Hause ist, und nun noch eine Wohnung sucht in Berlin? Was will einer vom Leben, der schon mit vier Jahren das erste Mal verliebt gewesen sein will und es anschließend zum Sex-Symbol und Mode-Vorbild geschafft hat? Was gibt es für den größten Exportschlager der Türkei noch zu erreichen? Was fehlt Tarkan Tevetoglu?
Sänger Tarkan: Pop als Image-Arbeit
"Ich will mir meinen Traum verwirklichen, ein Teil der weltumspannenden Musikszene zu sein", sagt Tarkan. Übersetzt heißt das: Ich will ein internationaler Superstar werden. Ein Vorsatz, den er übrigens bereits vor zehn Jahren fasste, als er beschloss, die Welt mit einem englischsprachigen Album zu erobern. Das mag naiv klingen, aber selbst die Tatsache, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal Englisch beherrschte, hat ihn nicht von seiner "Vision" abgehalten. Flugs zog er nach New York, "ließ den Ruhm hinter sich", nahm Sprachkurse, und hat es nun geschafft: Mit "Come Closer" bringt der mittlerweile 33-Jährige sein erstes englisches Album heraus. Sein Fazit: "Ich bin wohl ziemlich ehrgeizig."
Souverän adaptiert Tarkan auf "Come Closer" die musikalischen Versatzstücke des internationalen Kompatibilitäts-Pop und die darin vorgesehenen Erregungszustände: Ein paar verbliebene türkische Klänge halten ihn in "Mine" nicht davon ab, "tonight" mit dem "Baby" zu einem gemeinsamen "ride" aufzubrechen, auf dem dann gefälligst die "control" zu verlieren ist. Der darunter flott rotierende Funk erinnert an Prince vor dessen erster Umbenennung. Kurz darauf, in "Start The Fire" suggeriert ein aseptisches Gitarrenriff ein Rockklischee, während Tarkan loszieht, um mit dem "baby" alle Regeln zu brechen. Das Ergebnis kann man sich vorstellen als "Footloose" mit Folklorebremse.
Quelle http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,15 ... 66,00.html
Tarkan Bericht
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- Seytan
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Ups, habe waas vergessen, hier der Rest:
Ebenso durchdekliniert werden Soul, Rock und Pop - sehr viel exakter lässt sich das beim besten Willen nicht eingrenzen, denn "Come Closer" benutzt aus Überzeugung ausschließlich im Radio bereits totgedudelte, weitgehend austauschbare Formate. Tarkan sieht das ganz ähnlich, nur anders: "Dieses Album beinhaltet die ganze Welt, viele Musiken und viele Kulturen, es ist farbig wie ein Regenbogen. Ich wollte ein internationales Album machen, niemand sollte verschreckt werden."
Vorsichtig ergänzt um Elemente aus dem Arabesk-Pop und massiert unter Tarkans wohl manikürten Händen bekommen diese Genres immerhin eine sanfte Schlagseite gen Osten. Der Effekt ist durchaus vergleichbar mit den Alben, mit denen Ricky Martin und Shakira den Durchbruch auf dem amerikanischen Markt gelang. Deren Erfolg und den von Jennifer Lopez, die er stets vertraut nur beim Vornamen nennt, sieht er als Blaupause für seine eigene Karriere an: "Allerdings hatten die es einfacher, weil lateinamerikanische Musik schon vorher weltweit sehr viel verbreiteter war als türkische."
Schluss mit dem Schnauzbart
Das soll nun anders werden. Keine geringe Aufgabe, aber sollte sie zu bewältigen sein, dann sicherlich von einem, der "zwischen all diesen Kulturen lebt", geboren wurde im pfälzischen Alzey, seine Jugend in der Türkei verbrachte, nun in New York lebt, in Los Angeles aufnimmt und es mehr oder weniger im Alleingang geschafft hat, das Bild des türkischen Mannes in der Weltöffentlichkeit positiv zu wenden.
Seit der "Weltbürger" (Tarkan über Tarkan) mit seinem metrosexuellen Image über die Grenzen der Türkei hinaus reüssierte, hat das Stereotyp vom schnauzbärtigen Hinterwäldler, das auch ganze Generationen von Arabesk-Sängern prägten, zumindest deutlich sichtbare Risse bekommen. Sein Erfolg im Allgemeinen, aber auch einzelne Lieder wie "Simarik", der Song mit dem schmatzenden Kuss, haben definitiv dazu beigetragen, dass es auch in der Türkei selbst mittlerweile aufgeklärter zugeht.
"Aber die Türkei hat immer noch ein falsches Image", verteidigt er seine Heimat tapfer, "die Türkei unterscheidet sich sehr von den anderen Ländern im mittleren Osten, es ist ein modernes, demokratisches, muslimisches Land. Es gibt sehr viel mehr sexuelle Freiheiten in der Türkei. Wie sich mein Publikum anzieht, wie es sich benimmt, das hat sich sehr verändert in den vergangenen zehn Jahren. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind immer noch sehr groß. Aber diese Unterschiede gibt es ja auch in Amerika, oder?"
Große Wirkung im kleinen Kreis
Kein Zweifel: Tarkan kennt seine USA. Das Problem ist nur: Die USA kennt ihren Tarkan nicht. Er ist erst ein einziges Mal in den Staaten aufgetreten, vor acht Jahren in New York, nahezu ausschließlich vor türkischen Exilanten. Die sind auch die Einzigen, die ihn heute auf den Straßen New Yorks erkennen - sie und Touristen aus Südamerika.
Ob "Come Closer" seinen Bekanntheitsgrad grundlegend erhöhen wird oder ob Tarkan womöglich das Schicksal eines Robbie Williams erleiden wird, das ist noch nicht ausgemacht. Vorerst erscheint das Album nämlich nur in Europa und Lateinamerika, überall dort also, wo der transnationale Sänger bereits Erfolg hatte. Auch ob "Come Closer" überhaupt in seiner Wahlheimat veröffentlicht werden wird, steht bislang nicht fest.
"Mal sehen, wie es sich entwickelt", sagt Tarkan und meint: Der Traum ist noch nicht ausgeträumt.
Ebenso durchdekliniert werden Soul, Rock und Pop - sehr viel exakter lässt sich das beim besten Willen nicht eingrenzen, denn "Come Closer" benutzt aus Überzeugung ausschließlich im Radio bereits totgedudelte, weitgehend austauschbare Formate. Tarkan sieht das ganz ähnlich, nur anders: "Dieses Album beinhaltet die ganze Welt, viele Musiken und viele Kulturen, es ist farbig wie ein Regenbogen. Ich wollte ein internationales Album machen, niemand sollte verschreckt werden."
Vorsichtig ergänzt um Elemente aus dem Arabesk-Pop und massiert unter Tarkans wohl manikürten Händen bekommen diese Genres immerhin eine sanfte Schlagseite gen Osten. Der Effekt ist durchaus vergleichbar mit den Alben, mit denen Ricky Martin und Shakira den Durchbruch auf dem amerikanischen Markt gelang. Deren Erfolg und den von Jennifer Lopez, die er stets vertraut nur beim Vornamen nennt, sieht er als Blaupause für seine eigene Karriere an: "Allerdings hatten die es einfacher, weil lateinamerikanische Musik schon vorher weltweit sehr viel verbreiteter war als türkische."
Schluss mit dem Schnauzbart
Das soll nun anders werden. Keine geringe Aufgabe, aber sollte sie zu bewältigen sein, dann sicherlich von einem, der "zwischen all diesen Kulturen lebt", geboren wurde im pfälzischen Alzey, seine Jugend in der Türkei verbrachte, nun in New York lebt, in Los Angeles aufnimmt und es mehr oder weniger im Alleingang geschafft hat, das Bild des türkischen Mannes in der Weltöffentlichkeit positiv zu wenden.
Seit der "Weltbürger" (Tarkan über Tarkan) mit seinem metrosexuellen Image über die Grenzen der Türkei hinaus reüssierte, hat das Stereotyp vom schnauzbärtigen Hinterwäldler, das auch ganze Generationen von Arabesk-Sängern prägten, zumindest deutlich sichtbare Risse bekommen. Sein Erfolg im Allgemeinen, aber auch einzelne Lieder wie "Simarik", der Song mit dem schmatzenden Kuss, haben definitiv dazu beigetragen, dass es auch in der Türkei selbst mittlerweile aufgeklärter zugeht.
"Aber die Türkei hat immer noch ein falsches Image", verteidigt er seine Heimat tapfer, "die Türkei unterscheidet sich sehr von den anderen Ländern im mittleren Osten, es ist ein modernes, demokratisches, muslimisches Land. Es gibt sehr viel mehr sexuelle Freiheiten in der Türkei. Wie sich mein Publikum anzieht, wie es sich benimmt, das hat sich sehr verändert in den vergangenen zehn Jahren. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land sind immer noch sehr groß. Aber diese Unterschiede gibt es ja auch in Amerika, oder?"
Große Wirkung im kleinen Kreis
Kein Zweifel: Tarkan kennt seine USA. Das Problem ist nur: Die USA kennt ihren Tarkan nicht. Er ist erst ein einziges Mal in den Staaten aufgetreten, vor acht Jahren in New York, nahezu ausschließlich vor türkischen Exilanten. Die sind auch die Einzigen, die ihn heute auf den Straßen New Yorks erkennen - sie und Touristen aus Südamerika.
Ob "Come Closer" seinen Bekanntheitsgrad grundlegend erhöhen wird oder ob Tarkan womöglich das Schicksal eines Robbie Williams erleiden wird, das ist noch nicht ausgemacht. Vorerst erscheint das Album nämlich nur in Europa und Lateinamerika, überall dort also, wo der transnationale Sänger bereits Erfolg hatte. Auch ob "Come Closer" überhaupt in seiner Wahlheimat veröffentlicht werden wird, steht bislang nicht fest.
"Mal sehen, wie es sich entwickelt", sagt Tarkan und meint: Der Traum ist noch nicht ausgeträumt.
Was für ein Zufall, ich hab heute noch ein Interview gefunden:
Musik
Ich will drei Grammys!
18. April 2006 Mit Hüftschwung und orientalisch-mediterranem Schmachtpop revolutionierte Tarkan Tevetoglu einst in der Türkei nicht nur die Musikszene, sondern auch das Männerbild. Sein metrosexueller Look war das Gegenteil des Idealbildes vom schnurrbärtigen Macho. Damit stieg er am Bosporus zum Mädchenschwarm Nummer eins auf, und sein türkischer Kuß-Song „Simarik” (dessen Refrain aus einem doppelten Schmatzer bestand) machte ihn vor fünf Jahren auch außerhalb der Türkei bekannt.
Auf seinem aktuellen Album „Come Closer”, dem ersten in englischer Sprache, hat er seinen leicht hysterischen Gesang nun etwas gezügelt, die orientalische Färbung schimmert nur noch dezent durch manche Rhythmen und Baßlinien. Insgesamt sucht die Produktion die Nähe zum aktuellem R-'n'-B-Formatpop eines Justin Timberlake oder einer Britney Spears.
F.A.S.: Herr Tevetoglu, Sie haben ein englischsprachiges Album aufgenommen, um damit internationalen Erfolg zu haben. Glauben Sie, daß die Welt - angesichts der aktuellen Islamphobie - bereit ist für einen Popstar aus einem muslimischen Land?
Islamphobie, das trifft es. Aber ich glaube nicht, daß das meine Karriere tangieren wird. Im Gegenteil: Die Leute werden durch mich ein anderes Bild vom Nahen Osten bekommen. Mag sein, daß es da am Anfang ein paar Probleme geben wird. Aber ich selbst fühle mich als Weltbürger.
Sie leben nun schon seit mehr als zehn Jahren in New York. Die Türkei haben Sie einst verlassen, um den Nachstellungen der Paparazzi zu entgehen. Ist das immer noch ein Problem?
Nein, das hat sich geändert. Aber damals war es einfach irgendwann zuviel, es hat mich überwältigt: Ich konnte nicht mehr rausgehen und nicht mehr die einfachsten Dinge tun. Und als die Presse negativ wurde, dachte ich mir, jetzt sollte ich besser weggehen. Es begann, meine Kreativität zu blockieren. Ich konnte keine Songs mehr schreiben und habe nur noch die Artikel über mich gelesen. Da wußte ich, ich muß weggehen.
Anfangs wurde viel über Ihre angebliche Homosexualität spekuliert. Ist das immer noch ein Thema für die Presse?
Nein. Warum fragen Sie? Das war mal wegen meines Ohrrings.
Im Internet findet man auf türkischen Homepages allerhand Geschichten über angebliche Lover, und Leute äußern sich über Ihre angebliche Bisexualität.
Im Internet findet man alles mögliche, und so etwas wird auch Tom Cruise nachgesagt. Mich kümmert das nicht. Das sind alles Gerüchte. Ich bin weder bisexuell noch homosexuell.
Ist es in der Türkei möglich, als Künstler offen homosexuell zu sein?
Natürlich. Wir haben Sänger wie Zeki Müren gehabt oder Bülent Ersoy, der sogar sein Geschlecht gewechselt hat. Ich glaube, die Türkei ist in dieser Hinsicht weiter, als viele denken. Aber dieses Gespräch geht jetzt in die falsche Richtung. Ich möchte nicht wieder irgendwelche Spekulationen anheizen: Ist er's oder ist er's nicht? Vielleicht gab es mal vor zwanzig Jahren eine Zeit, in der ich etwas verwirrt war. Aber ich war nie * Homosexuell *. Ich habe seit fünf Jahren eine Freundin, wir wollen heiraten und Kinder kriegen. Diese Gerüchte sollten ein Ende haben.
Warum haben Sie ein englischsprachiges Album gemacht? Ihre türkischen Fans werden enttäuscht sein.
Dieses Album ist für die ganze Welt und nicht speziell für die Türkei gemacht. Meine Fans sollten das nicht so persönlich nehmen.
Was wollen Sie erreichen?
Ich möchte gerne einen Grammy gewinnen. Genauer gesagt, am liebsten drei Grammys: In den Kategorien „Best Album”, „Best Male Vocal” und „Best Song”. Es geht mir weniger um die Auszeichnung als solche, aber darum, wofür sie steht: von der Welt respektiert und anerkannt zu werden. Außerdem würde ich gerne mal in einem Film mitspielen.
Die türkische Musikszene steht derzeit im Rampenlicht - nicht zuletzt durch Fatih Akins Istanbul-Hommage „Crossing the Bridge”. Haben Sie seine Musikdokumentation gesehen?
Ja, aber es hat mir nicht gefallen. Ich finde, Fatih Akin hat einen schlechten Job gemacht, er hätte besser recherchieren sollen. Wenn man schon einen Film über die türkische Musikszene macht, dann sollten schon die wichtigsten Namen vorkommen - und nicht bloß irgendwelche drogenabhängigen Freaks, die am Taksim-Platz abhängen.
Er wollte doch wohl eher seine persönliche Sicht auf Istanbul zeigen und kein repräsentatives Bild.
Dann hätte er den Film anders nennen sollen: Nicht „Crossing the Bridge”, sondern „Unter der Brücke” oder so (lacht). Oh Gott, Fatih Akin wird mich hassen . . .
Sie sind in einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz geboren, und als Sie 13 Jahre alt waren, ist Ihre Familie mit Ihnen in die Türkei zurückgekehrt. Warum?
Meine Eltern sind zurückgegangen, weil sie ihr Land vermißten, aber eigentlich sind sie für mich zurückgekehrt: Sie wollten, daß ich auf die Musikschule gehe, und das habe ich dann ja auch getan.
Fühlen Sie sich Deutschland verbunden?
Nein, denn ich bin genau vor meiner Pubertät zurückgekehrt. Vielleicht wäre ich sonst gar nicht zurückgegangen, weil eine Freundin oder andere Gründe mich zurückgehalten hätten.
Haben Sie noch Familie in Deutschland?
Eine Schwester und einen Bruder sowie ein paar Tanten und Onkels. Der Rest der Familie lebt in der Türkei.
Wo leben Ihre Eltern?
Meine Eltern leben in Istanbul und Antalya. Wenn ich meine Mutter dort besuche, verbringe ich meist ein paar Tage dort, um ihr Essen zu genießen; sie kocht dann für mich.
Glauben Sie, die Türkei hat die Chance, in der näheren Zukunft in die EU zu kommen? Die Gespräche sollen jetzt zwar beginnen, aber sie können sich noch sehr lange hinziehen.
Wollen Sie meine persönliche Meinung wissen? Ich fürchte, wir brauchen noch etwas Zeit. Wir brauchen einen Mentalitätswandel. So etwas passiert nicht in drei oder vier Jahren, das braucht länger. Aber es ändert sich gerade etwas.
Wirtschaftlich boomt die Türkei. Aber auch der Nationalismus treibt neue Blüten - wie man am Film „Tal der Wölfe” sehen konnte, der hierzulande große Diskussionen ausgelöst hat.
Ich habe den Film nicht gesehen. Aber ich finde, Fernsehen und Kino sollten vorsichtiger mit solchen Themen sein und nicht nur daran denken, wie sich damit Geld machen läßt. Ich möchte Frieden in der Welt. Und so ein Film bewirkt das Gegenteil. Wir hätten diesen Film gar nicht machen dürfen. Warum macht man denn so einen Film? Solche Filme tragen nur dazu bei, die Spannungen zu erhöhen.
Fühlen Sie sich nach mehr als zehn Jahren in den Vereinigten Staaten inzwischen als Amerikaner?
Nein, nein. Es ist zwar manchmal etwas verwirrend, denn ich wurde in Deutschland geboren, bin dann in die Türkei gegangen und später nach Amerika gezogen. Aber ich fühle mich in vielerlei Hinsicht sehr türkisch.
Inwiefern?
Die meisten meiner Freunde sind Türken, und ich mag die Wärme und Freundlichkeit meiner Landsleute, ihre Großzügigkeit. Und dann das Essen: Ich mag auch Hamburger, Pizza oder italienisches Essen. Aber nach türkischem Essen bekomme ich Heimweh. Dabei esse ich eigentlich gar nicht soviel Fleisch.
Werden Sie in der Türkei oft nach Ihrer Meinung zur amerikanischen Politik gefragt?
Nein. Aber die Leute wollen wissen, wie ich zu Amerika und dem Lebensstil dort stehe.
Und?
Ich mag die Freiheit. Man kann sagen, was man will, tragen, was man will, und sein, wer oder was man sein will.
Und in der Türkei?
Da muß man etwas vorsichtiger sein. Und das finde ich traurig, denn ich will sagen können, was ich fühle. Natürlich sollte es auch Grenzen geben. Aber Tabus machen uns angespannt.
Sind die Tabus in der Türkei weniger geworden?
Einige Tabus verschwinden, andere kommen hinzu. Ich wünschte, es gäbe keine.
Wie mit Ihrem Ohrring?
Ja, am Anfang gab es große Diskussionen darum, und heute tragen alle so einen Ohrring. Alles ist freier geworden, und die Frauen laufen ziemlich sexy herum. Das ist schon seltsam: Obwohl die Regierung jetzt religiöser ist, sind die Leute entspannter.
Wie ist es für Sie, wenn Sie zurück nach Deutschland kommen? Immerhin sind Sie hier einst aufgewachsen.
Mir geht das schon manchmal durch den Kopf, wenn ich bei Viva und Stefan Raab bin, wie merkwürdig und schön das ist. Außerdem trage ich mich mit dem Gedanken, mir ein Appartement in Berlin zuzulegen.
Warum Berlin?
Oh, ich liebe Berlin und habe gute Freunde hier. Und ich liebe die Geschichte dieser Stadt, die Mauer, die amerikanischen Einflüsse - man kann sehen, daß es hier viele Kulturen gibt. Und Berlin ist eine tolle Stadt. Egal, wohin ich auch komme, jeder spricht über Berlin.
Interview Daniel Bax
Quelle: FAZ
PS: Da gibt es dann auch noch Fotos
Musik
Ich will drei Grammys!
18. April 2006 Mit Hüftschwung und orientalisch-mediterranem Schmachtpop revolutionierte Tarkan Tevetoglu einst in der Türkei nicht nur die Musikszene, sondern auch das Männerbild. Sein metrosexueller Look war das Gegenteil des Idealbildes vom schnurrbärtigen Macho. Damit stieg er am Bosporus zum Mädchenschwarm Nummer eins auf, und sein türkischer Kuß-Song „Simarik” (dessen Refrain aus einem doppelten Schmatzer bestand) machte ihn vor fünf Jahren auch außerhalb der Türkei bekannt.
Auf seinem aktuellen Album „Come Closer”, dem ersten in englischer Sprache, hat er seinen leicht hysterischen Gesang nun etwas gezügelt, die orientalische Färbung schimmert nur noch dezent durch manche Rhythmen und Baßlinien. Insgesamt sucht die Produktion die Nähe zum aktuellem R-'n'-B-Formatpop eines Justin Timberlake oder einer Britney Spears.
F.A.S.: Herr Tevetoglu, Sie haben ein englischsprachiges Album aufgenommen, um damit internationalen Erfolg zu haben. Glauben Sie, daß die Welt - angesichts der aktuellen Islamphobie - bereit ist für einen Popstar aus einem muslimischen Land?
Islamphobie, das trifft es. Aber ich glaube nicht, daß das meine Karriere tangieren wird. Im Gegenteil: Die Leute werden durch mich ein anderes Bild vom Nahen Osten bekommen. Mag sein, daß es da am Anfang ein paar Probleme geben wird. Aber ich selbst fühle mich als Weltbürger.
Sie leben nun schon seit mehr als zehn Jahren in New York. Die Türkei haben Sie einst verlassen, um den Nachstellungen der Paparazzi zu entgehen. Ist das immer noch ein Problem?
Nein, das hat sich geändert. Aber damals war es einfach irgendwann zuviel, es hat mich überwältigt: Ich konnte nicht mehr rausgehen und nicht mehr die einfachsten Dinge tun. Und als die Presse negativ wurde, dachte ich mir, jetzt sollte ich besser weggehen. Es begann, meine Kreativität zu blockieren. Ich konnte keine Songs mehr schreiben und habe nur noch die Artikel über mich gelesen. Da wußte ich, ich muß weggehen.
Anfangs wurde viel über Ihre angebliche Homosexualität spekuliert. Ist das immer noch ein Thema für die Presse?
Nein. Warum fragen Sie? Das war mal wegen meines Ohrrings.
Im Internet findet man auf türkischen Homepages allerhand Geschichten über angebliche Lover, und Leute äußern sich über Ihre angebliche Bisexualität.
Im Internet findet man alles mögliche, und so etwas wird auch Tom Cruise nachgesagt. Mich kümmert das nicht. Das sind alles Gerüchte. Ich bin weder bisexuell noch homosexuell.
Ist es in der Türkei möglich, als Künstler offen homosexuell zu sein?
Natürlich. Wir haben Sänger wie Zeki Müren gehabt oder Bülent Ersoy, der sogar sein Geschlecht gewechselt hat. Ich glaube, die Türkei ist in dieser Hinsicht weiter, als viele denken. Aber dieses Gespräch geht jetzt in die falsche Richtung. Ich möchte nicht wieder irgendwelche Spekulationen anheizen: Ist er's oder ist er's nicht? Vielleicht gab es mal vor zwanzig Jahren eine Zeit, in der ich etwas verwirrt war. Aber ich war nie * Homosexuell *. Ich habe seit fünf Jahren eine Freundin, wir wollen heiraten und Kinder kriegen. Diese Gerüchte sollten ein Ende haben.
Warum haben Sie ein englischsprachiges Album gemacht? Ihre türkischen Fans werden enttäuscht sein.
Dieses Album ist für die ganze Welt und nicht speziell für die Türkei gemacht. Meine Fans sollten das nicht so persönlich nehmen.
Was wollen Sie erreichen?
Ich möchte gerne einen Grammy gewinnen. Genauer gesagt, am liebsten drei Grammys: In den Kategorien „Best Album”, „Best Male Vocal” und „Best Song”. Es geht mir weniger um die Auszeichnung als solche, aber darum, wofür sie steht: von der Welt respektiert und anerkannt zu werden. Außerdem würde ich gerne mal in einem Film mitspielen.
Die türkische Musikszene steht derzeit im Rampenlicht - nicht zuletzt durch Fatih Akins Istanbul-Hommage „Crossing the Bridge”. Haben Sie seine Musikdokumentation gesehen?
Ja, aber es hat mir nicht gefallen. Ich finde, Fatih Akin hat einen schlechten Job gemacht, er hätte besser recherchieren sollen. Wenn man schon einen Film über die türkische Musikszene macht, dann sollten schon die wichtigsten Namen vorkommen - und nicht bloß irgendwelche drogenabhängigen Freaks, die am Taksim-Platz abhängen.
Er wollte doch wohl eher seine persönliche Sicht auf Istanbul zeigen und kein repräsentatives Bild.
Dann hätte er den Film anders nennen sollen: Nicht „Crossing the Bridge”, sondern „Unter der Brücke” oder so (lacht). Oh Gott, Fatih Akin wird mich hassen . . .
Sie sind in einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz geboren, und als Sie 13 Jahre alt waren, ist Ihre Familie mit Ihnen in die Türkei zurückgekehrt. Warum?
Meine Eltern sind zurückgegangen, weil sie ihr Land vermißten, aber eigentlich sind sie für mich zurückgekehrt: Sie wollten, daß ich auf die Musikschule gehe, und das habe ich dann ja auch getan.
Fühlen Sie sich Deutschland verbunden?
Nein, denn ich bin genau vor meiner Pubertät zurückgekehrt. Vielleicht wäre ich sonst gar nicht zurückgegangen, weil eine Freundin oder andere Gründe mich zurückgehalten hätten.
Haben Sie noch Familie in Deutschland?
Eine Schwester und einen Bruder sowie ein paar Tanten und Onkels. Der Rest der Familie lebt in der Türkei.
Wo leben Ihre Eltern?
Meine Eltern leben in Istanbul und Antalya. Wenn ich meine Mutter dort besuche, verbringe ich meist ein paar Tage dort, um ihr Essen zu genießen; sie kocht dann für mich.
Glauben Sie, die Türkei hat die Chance, in der näheren Zukunft in die EU zu kommen? Die Gespräche sollen jetzt zwar beginnen, aber sie können sich noch sehr lange hinziehen.
Wollen Sie meine persönliche Meinung wissen? Ich fürchte, wir brauchen noch etwas Zeit. Wir brauchen einen Mentalitätswandel. So etwas passiert nicht in drei oder vier Jahren, das braucht länger. Aber es ändert sich gerade etwas.
Wirtschaftlich boomt die Türkei. Aber auch der Nationalismus treibt neue Blüten - wie man am Film „Tal der Wölfe” sehen konnte, der hierzulande große Diskussionen ausgelöst hat.
Ich habe den Film nicht gesehen. Aber ich finde, Fernsehen und Kino sollten vorsichtiger mit solchen Themen sein und nicht nur daran denken, wie sich damit Geld machen läßt. Ich möchte Frieden in der Welt. Und so ein Film bewirkt das Gegenteil. Wir hätten diesen Film gar nicht machen dürfen. Warum macht man denn so einen Film? Solche Filme tragen nur dazu bei, die Spannungen zu erhöhen.
Fühlen Sie sich nach mehr als zehn Jahren in den Vereinigten Staaten inzwischen als Amerikaner?
Nein, nein. Es ist zwar manchmal etwas verwirrend, denn ich wurde in Deutschland geboren, bin dann in die Türkei gegangen und später nach Amerika gezogen. Aber ich fühle mich in vielerlei Hinsicht sehr türkisch.
Inwiefern?
Die meisten meiner Freunde sind Türken, und ich mag die Wärme und Freundlichkeit meiner Landsleute, ihre Großzügigkeit. Und dann das Essen: Ich mag auch Hamburger, Pizza oder italienisches Essen. Aber nach türkischem Essen bekomme ich Heimweh. Dabei esse ich eigentlich gar nicht soviel Fleisch.
Werden Sie in der Türkei oft nach Ihrer Meinung zur amerikanischen Politik gefragt?
Nein. Aber die Leute wollen wissen, wie ich zu Amerika und dem Lebensstil dort stehe.
Und?
Ich mag die Freiheit. Man kann sagen, was man will, tragen, was man will, und sein, wer oder was man sein will.
Und in der Türkei?
Da muß man etwas vorsichtiger sein. Und das finde ich traurig, denn ich will sagen können, was ich fühle. Natürlich sollte es auch Grenzen geben. Aber Tabus machen uns angespannt.
Sind die Tabus in der Türkei weniger geworden?
Einige Tabus verschwinden, andere kommen hinzu. Ich wünschte, es gäbe keine.
Wie mit Ihrem Ohrring?
Ja, am Anfang gab es große Diskussionen darum, und heute tragen alle so einen Ohrring. Alles ist freier geworden, und die Frauen laufen ziemlich sexy herum. Das ist schon seltsam: Obwohl die Regierung jetzt religiöser ist, sind die Leute entspannter.
Wie ist es für Sie, wenn Sie zurück nach Deutschland kommen? Immerhin sind Sie hier einst aufgewachsen.
Mir geht das schon manchmal durch den Kopf, wenn ich bei Viva und Stefan Raab bin, wie merkwürdig und schön das ist. Außerdem trage ich mich mit dem Gedanken, mir ein Appartement in Berlin zuzulegen.
Warum Berlin?
Oh, ich liebe Berlin und habe gute Freunde hier. Und ich liebe die Geschichte dieser Stadt, die Mauer, die amerikanischen Einflüsse - man kann sehen, daß es hier viele Kulturen gibt. Und Berlin ist eine tolle Stadt. Egal, wohin ich auch komme, jeder spricht über Berlin.
Interview Daniel Bax
Quelle: FAZ
PS: Da gibt es dann auch noch Fotos
