Türkenfeindliche Grazer?

Sitten und Gebräuche sowie Erfahrungen im Umgang mit den Menschen in der Türkei.
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Haile

Türkenfeindliche Grazer?

Beitrag von Haile »

Hallo zusammen!

Am Donnerstag war ich in Graz/Steiermark bei einem Vorstellungsgespräch und habe abends in den Nachrichten (ORF) gehört, dass der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl im Zusammenhang mit der Frage um die Aufnahme der Türkei in die EU gesagt haben soll, daß sie [die Grazer] euch [die Türken] nicht heiraten wollen, zwar gute Nachbarn sein wollen, aber, so wörtlich, "keinesfalls, dass ihr [Türken] in unserem Wohnzimmer sitzt". Nachzulesen ist das ganze auf diversen Internetseiten, z. B. hier.

Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion um den EU-Beitritt der Türkei entfachen, Gedanken hierzu sind bereits beim entsprechenden Thema unter "Umfragen" nachzulesen.
Auch möchte ich nicht aus politischer Sicht diese Art des Populismus erörtern. Es gibt überall Fremdenfeindlichkeit, das ist schlimm, doch auch das möchte ich hier nicht thematisieren.

Es ist mir aber ein Anliegen, meine Betroffenheit angesichts der konkreten Wortwahl zum Ausdruck zu bringen. Diese unglaubliche Formulierung hat nach meiner Beobachtung eine neue Dimension in die Ausgrenzungspolitik mitteleuropäischer (Provinz-)Politiker gebracht und ich stelle mir die Frage, ob das in dieser Form noch hinnehmbar ist. Warum?

1. Hier wird verallgemeinert, indem den Bürgern der Stadt Graz (des Landes Steiermark, des Staates Österreich?) diese Meinung/Aussage in den Mund gelegt wird ("wir"). Ist das tatsächlich auch die Denkweise der Mehrheit der Grazer, ...,... Bevölkerung?
2. Angesichts der im Vergleich zur allgemein vorherrschenden mitteleuropäischen Kälte geradezu umwerfenden Gastfreundschaft fast aller türkischen Familien (wenigstens in der Türkei) habe ich mir die Frage gestellt, welche türkische Familie einen Österreicher (oder anderen EU-Bürger) nicht in ihr Wohnzimmer hineinlassen würde. Gerade dieses Bild ist ja hier verwendet worden.
3. Als "gute Nachbarn" sind sie denn doch noch gut genug, schließlich möchte man sich ja die Ferienmöglichkeit in Alanya, Side und Bodrum nicht verbauen und den Handel weiterführen!?
4. Die Steirische Landeshauptfrau Klasnic hat Nagls Aussagen verteidigt. Zitat kurier.at: "Der Grazer Bürgermeister habe sagen wollen, dass die Frage der Menschenrechte in einem Land, das der EU beitreten wolle, so nicht gehandhabt werden dürfe.", so Waltraut Klasnic. Nagl hat die Menschenrechte nicht genannt, daher hat er sie - denke ich - auch nicht gemeint. Er hat angesichts der anstehenden Wahlen in der Steiermark lediglich eine Abneigung gegen Türken in die Medien getragen. Es handelt sich also auch definitiv nicht um einen Einzelfall, da die Aussagen von "höherer Stelle" mitgetragen werden.

Was meint ihr dazu? Sehe ich das zu eng? Sollte man etwas unternehmen (z. B. einen offenen Brief formulieren)? Kann man überhaupt etwas sinnvolles unternehmen?

Was sagen die Steirischen Forumsmitglieder dazu? Ist das Graz als "Kulturhauptstadt Europas" würdig?

Über eure Gedanken dazu würde ich mich freuen.
Haile
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Terazi
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Beitrag von Terazi »

Hallo Haile,

ich verstehe durchaus, dass dich das Erlebte sehr betroffen gemacht hat.

Dennoch möchte ich hier ungern eine öffentliche Diskussion aufkommen lassen, da es doch ein sehr politisches Thema ist und solche Dinge erfahrungsgemäß leider sehr schnell in eine ungewünschte Richtung laufen.

Ich werde daher den Beitrag sperren, ihn aber hier stehen lassen, um den Usern, die sich dazu mit dir austauschen möchten, die Möglichkeit zu geben, dies per PN zu tun.

Viele Grüße - Terazi

~ Was immer Du tun kannst oder träumst es zu können, fang damit an ~ (Goethe)
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