ich kann ja mal versuchen zu beschreiben, wie es mir in der Begegnung mit einer türkischen Großfamilie als norddeutsch unterkühltes Einzelkind geht.....
Das erste Mal habe ich die Familie meines Mannes im Frühjahr 2004 erlebt.
Wir sahen uns vier Monate nachdem wir uns an seinem Arbeitsort kennengelernt hatten wieder. Ich völlig aufgeregt und fix und foxi nach der stressigen Anreise in Gaziantep gelandet (ich war zwar vorher schon oft in der Türkei, aber nur an der Küste und "pauschal").
In Istanbul hatten wir schon festgesessen, wegen Schneesturm und es war gar nicht klar, ob der Flug nach Antep überhaupt gehen würde.....
Also mein Liebster holte mich ab und hatte 2 fremde Männer dabei und teilte mir dann mit, wir würden bei der Familie des einen übernachten (es seien Verwandte). Wir sind dann unangemeldet nachts um vier bei dieser Familie eingefallen (eigentlich sollten wir woanders schlafen, dorthin kamen wir wegen Schnee gar nicht durch). Alle schliefen in einem ungeheizten Raum eingemummelt bis über die Ohren und es war schon lustig, wie die Köpfe etwas verwundert zum Vorschein kamen.
Dann wurde der Ofen angeschmissen, Tee gemacht und eine warme Mahlzeit zubereitet! Das Ehebett für uns geräumt und endlich alleine......
Alle waren sehr lieb, nur ein Junge machte eine irgendwie deutschfeindliche Bemerkung (ich hörte später, er hat dafür vom großen Bruder eine Tracht Prügel kassiert).
Am Morgen dann nach ausgiebigem Frühstück die Weiterfahrt. Aber immer noch nicht in das Haus meines Mannes sondern zum Bruder. Dort fanden sich Unmengen (in meinen Augen) Menschen ein, die mich der Reihe nach umarmten und küßten......als wir am frühen Abend endlich "zu Hause"waren, war ich echt geschafft!
Eigentlich ging es so weiter-es ist schwer, sich dem Familienleben mal etwas zu entziehen, es gibt auch weiter nichts zu tun, als zusammenzusitzen dort im Dorf. Der Fernseher läuft unentwegt, ohne das jemand groß hinguckt und ansonsten werden die Tagesereignisse diskutiert und viel geklatscht. Ich bin natürlich immer auf Übersetzung angewiesen.
Ich finde, das alle erstaunlich offen und herzlich zu mir sind. Dort im Dorf sind aber auch viele Männer im Ausland verheiratet, so dass so ein Besuch nichts Ungewohntes ist. Ich bin wohl auch ein relativ unkomplizierter Gast (vor allem, weil ich mich beim Essen nicht anstelle und auch mit den hygienischen Verhältnissen mich für diese Zeit arrangiere).
Inzwischen hab ich mich insoweit durchgesetzt, dass mein Mann darauf Rücksicht nimmt, das wir nicht zuviele Besuche an einem Tag machen und wenn eine Übernachtung woanders anstehen könnte, ich dann wenigstens vorgewarnt bin und ein paar Sachen und Zahnbürste einpacken kann. Sonst würden wir ständig irgendwo hängen bleiben.
Bei den Kindern bin ich sehr beliebt, da ich verstanden habe, das Schokolade eine echte Rarität ist. Spielzeug auch. Deswegen habe ich meistens jede Menge Ü´eier dabei... :lol:
Ja, das soll erstmal reichen. Ich hab natürlich zu vielen Dingen noch einen persönlichen Eindruck zu berichten. Auch nicht uneingeschränkt positiv natürlich, soweit ich die Sachen mitbekomme. Aber das vielleicht ein anderes Mal. Was jedenfalls meine Aufnahme in die Familie angeht, da kann ich mich nicht beschweren. Wenn´s mich auch manchmal überwältigt.....
Grüße von Meryem